Alexander von Streit schreibt in der Frankfurter Runschau über die «dicke Suppe» der Medienbeobachter und nimmt dabei auch die Medienweblogs unter die Lupe. Seine Kritik an Medienweblogs basiert auf einem Artikel, den er bereits im April im Medienheft veröffentlicht hat.
Seiner Meinung nach garantiert weder der Medienjournalismus in Tageszeitungen noch in Medienmagazinen eine unabhängige Medienbeobachtung.
«Aber es reicht natürlich nicht, denn auch der Markt der Medienmagazine ist ein kleiner, teilweise wirtschaftlich ineinander verwobener Fachkosmos. Auch hier geht es um Geld – und natürlich um den aus Lesern, Werbekunden und anderen Geldgebern gebackenen Kuchen, der verteilt werden will.»
Deshalb die Frage, ob vielleicht Medienweblogs die Medienjournalisten kontrollieren können.
«Tatsächlich steht journalistische Sorgfaltspflicht nicht automatisch auf dem Programm der meist sehr auf subjektive Sichtweise ausgerichteten Weblogs. Und oft sind es natürlich nicht einmal Journalisten, die dort schreiben. Längst hat die Medienwelt mit der Diskussion darüber begonnen, ob Weblogs Journalismus seien oder nicht – Ergebnis offen. (… ) Warum aber die jeweiligen Betrachtungen, Indiskretionen oder Analysen veröffentlicht werden, und ob sie überhaupt wahr sind – das einzuschätzen kann in der Unverbindlichkeit vieler Weblogs unter Umständen sogar noch viel schwerer sein als bei der Medienseite einer Tageszeitung.»
Es ist die alte Kritik, in der Weblogs dem Journalismus gegenübergestellt werden. Die Kritik geht an der Natur und am Anspruch von Weblogs teilweise vorbei. Warum sollten Weblogs journalistisch das liefern können, wozu Medienmagazine und ganze Redaktionen nicht in der Lage sind? Weblogs sind subjektiv. Sie werden meist von Einzelpersonen oder einer Gruppe von Einzelpersonen geschrieben. Medienweblogs habe keine Büros, keine Redaktionssitzungen, keine Blattkritik, kein Budget (wobei auch das keine Garantie für Qualität ist). Medienweblogs versuchen nicht, den traditionellen Journalismus zu imitieren.
Was sind denn Medienweblogs? Wie könnte man diese unbequemen Beobachter («neue Stasi») für die alte Mediengarde verständlicher umschreiben? Medienweblogs sind keine Fachzeitschriften, oder Medienredaktionen, sondern One-Man-Shows. Dadurch sind die Möglichkeiten, was Medienweblogs leisten können, bereits ziemlich eng eingegrenzt. Man könnte sie als Medienkolumnen (oder «Opinion Editorials») bezeichnen, geschrieben von einem Autor mit einer Meinung. Im Gegensatz zur herkömmlichen Kolumne in einer Zeitung erscheinen sie kontinuierlicher, dafür oft mit kürzeren Texten. Und ja, sie werden weder von einem Redakteur noch von einem Lektor abgesegnet und durchgelesen. Blogs sind im besten Fall eine erfrischende unabhängige Stimme im Einheitsbrei der fast schon nicht mehr existierenden Medienbeobachtung. Dem traditionellen Medienjournalismus zur Auferstehung verhelfen, können Sie nicht.
Eine offene Diskussion bleibt, ob sich Weblogs auf die Einhaltung gewisser Standards verpflichten sollen. Diese Frage ist durch die Ankündigung des HonorTags-System von Dan Gillmor wieder aufgetaucht. Mit Hilfe sogenannter HonorTags sollen Blogger für jeden Eintrag festlegen, welchen Qualitätsansprüchen er genügen soll. Darunter der HonorTag «Journalism» der fordert: «I’m fair, thorough, accurate, and open (transparent) about what I do. I operate with integrity.» Nur weil Blogger nicht permament auf Ihr Ethik-Handbuch verweisen, heisst dass noch lange nicht, dass sie gewisse Sorgfaltspflichten verletzen. So werden in vielen Weblogs Fehler relativ schnell in den Kommentaren berichtigt. Ein für viele Blogger selbstverständliches Verhalten. Die permanent eingerichtete Korrekturspalte wie man sie von der New York Times kennt, sucht man in vielen Zeitungen jedoch vergebens.
Die Netzeitung äussert sich auch zu Von Streits Artikel, hat aber ein anderes Problem. Sie stellt nochmals Ihre Sichtweise des Streits zwischen der FAS und der Netzeitung dar und betont, dass das Altpapier nicht wirklich als Weblog zu bezeichnen ist:
«Im Übrigen ist das Altpapier nicht eigentlich ein «Weblog», wie sie es nennen. Dafür ist es dann doch zu stark eine Glosse im traditionellen Sinn. Was nicht heißt, dass ihm alle Probleme und Eigenheiten dieser neuartigen Gattung völlig fremd wären.»
Hier geht’s weiter:
Frankfurter Rundschau: Dicke Suppe
Medienheft: Medienweblogs: Vernetzte Beobachter – Wie Weblogs den Medienjournalismus ausweiten
NETZEITUNG: Altpapier vom Donnerstag