El Pais und der Fall Echevarría

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Das Image von El País ist angekratzt. Die spanische linksliberale Tageszeitung stellte ihren Literaturkritiker Ignacio Echevarría kalt, nachdem dieser im September den neuen Roman des baskischen Schriftstellers Bernardo Atxaga verrissen hatte. Der Roman sollte ein Kassenschlager für Atxagas Verlag Alfaguara werden. Alfaguara sowie El País gehören zum Medienkonzern Prisa. Echevarrías Vergehen? Er hatte seine Rezension nicht im Hinblick auf die Ausnutzung von «konzerninternen Synergieffekten» geschrieben.

Am 9. Dezember versandte Echevarría per E-Mail einen offenen Brief, der von El País vorerst unbeachtet blieb, seinen Weg aber schnell in Weblogs und Internetforen fand. In kurzer Zeit unterzeichneten über hundert Kulturschaffende – darunter der Schriftsteller Mario Vargas Llosa – ein Solidaritätsschreiben. Am 18. Dezember sah sich El País gezwungen, den Text als Leserbrief abzudrucken.

NZZ: Der Kritiker und der Konzern – Die spanische Tageszeitung «El País» und ihre Medienmacht im Zwielicht

«Der ‹Fall Echevarría›, wie ihn die Zeitung in ihrer späten, eher hohlbrüstigen Stellungnahme nennt, ist im Grunde ein ‹Fall El País› und ein Symptom für dessen qualitativen Niedergang.»

Die Zeit: Abschied von der Freiheit

«Tatsächlich ist der Korpsgeist in Spaniens Kulturszene weit verbreitet. Man fraternisiert gern: Autoren und berufene Journalisten pflegen und betreuen gemeinsam den eigenen Literaturbetrieb. Eine aufrichtige Kritik steht dem entgegen. Sie stößt deshalb fast strukturell auf Unverständnis.»

FAZ: Im Namen der Freiheit

«Aus der ganzen Affäre ist mehrerlei zu lernen: welche Gefahren der freien Meinungsäußerung in Zeiten der Konzernverflechtung drohen; wie leicht eine Zeitung ihre Glaubwürdigkeit beschädigen kann; und welche Möglichkeiten das Internet bietet, um die Debatte zu einer öffentlichen Angelegenheit zu machen, die von niemandes Gnaden abhängt.»

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Der offene Brief von Ignacio Echevarría:

elmundo.es: Carta abierta a Lluís Bassets, director adjunto del diario ‚El País‘

Das Solidaritätsschreiben von Kulturschaffenden an El País:

Blog de Arcadi Espada: Cartas al director

Die Antwort von Malén Aznárez, der Ombudsfrau von El País:

Escolar.net: El ‚caso Echevarría‘

Das spanische Medienweblog Periodistas 21 hat über den Fall ausführlich berichtet:

Periodistas 21: Crisis literaria en El País

Periodistas 21: El misterioso caso del artículo desaparecido

Periodistas 21: Explicaciones insatisfactorias de El País

Und eine Zusammenfassung der Geschichte und alle Dokumente findet man bei Periodista Digital: «El caso Echevarría»