Der Fall Borer: Der Triumph des Boulevards

Journalismus / Medienethik

Der Fall von Thomas Borer, des Schweizer Botschafters in Deutschland, ist ein Lehrstück in Sachen Boulevardjournalismus. Nicht dass es an ähnlichen Vorkommnissen in anderen Ländern (Lewinsky-Affäre) mangelte. In der Schweizer Mediengeschichte ist das Ereignis jedoch einmalig. Ein Aussage in einem NZZ-Artikel der vergangenen Tage scheint mir besonders bezeichnend zu sein: „Erstens ist offenbar vorallem derjenige schuld, der getreten wird; das politische Personal sollte sich dies hinter die Ohren schreiben. Zweitens ist der Blick eine Wahrheitsinstanz; die von ihm verbreiteten Fakten stimmen, und manchmal halt nur ein bisschen.“
NZZ: Von Berlin nach Bern – Bundesrat Deiss versetzt Botschafter Borer
„Der Schweizer Botschafter in Berlin, Thomas Borer, wird per Ende April nach Bern versetzt. Borer könne unter den gegebenen Umständen seine Mission in Berlin nicht mehr wirkungsvoll erfüllen, sagte Bundesrat Joseph Deiss am Mittwoch vor den Medien in Bern.“
NZZ: Der Triumph des Boulevards
„Borer ist an der geheuchelten Moral des Boulevards gescheitert, nicht an seiner Diplomatenaufgabe, wenn er diese auch recht unkonventionell ausgelegt hat.“
NZZ: Kommentar: Viele Verlierer, ein Profiteur
„Damit sind wir aber beim einzigen Profiteur, einem allerdings sehr fragwürdigen. Er heisst «Blick». In der Pressekonferenz hat Bundesrat Joseph Deiss ja auch bestätigt, dass der Grund, wieso Borer in Berlin nicht mehr tragbar sei, in der Gefahr seiner weiteren Ausspitzelung liege. So werden wir uns denn fortan daran zu gewöhnen haben, dass es der Boulevard ist, welcher nicht nur über die berufliche Existenz von Fussball-Nationaltrainern, sondern auch über die von Schweizer Spitzendiplomaten entscheidet: Vor einigen Jahren war es die «Sonntags- Zeitung» mit Botschafter Jagmetti, heute ist es «Blick» mit Botschafter Borer.“
NZZ: Tiefpunkt einer Karriere
Spiegel: Schweizer Diplomatie: Der abgesägte Botschafter, ein Sieg der Boulevardpresse?
tagesanzeiger.ch: Affäre Borer: Journalistische Ethik wird ein Thema
„Die Borer-Serie in der Ringier-Presse wird die Diskussionen um journalistische Ethik und Qualitätssicherung verstärken. Diese Meinung teilen der Zürcher Soziologe Kurt Imhof und der Berner Medienwissenschaftler Roger Blum.“
Weltwoche: „Wir möchten schon auch anständig sein“
„Verleger Michael Ringier über Borer und den Boulevard, seine Liebe zum Blick und das Décolleté von Frau Ogi.“
tagesanzeiger.ch: Rüge an den «Fertigmacher-Journalismus»
„Auch Christiane Brunner (SP/GE), die vor ihrer Bundesratskandidatur eine Schlammschlacht über sich hatte ergehen lassen müssen, prangerte die Kampagne von Ringier an. Mit einer «montierten Affäre» sei eine Karriere zerstört worden.“